#1 - Konkrete Verweisung (1/3) - Gespräch mit Bettina Bredow, MunichRe
Shownotes
Zeitenwende in der Einkommensabsicherung? Was der Verzicht auf die konkrete Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung bedeutet.
Das Thema Verweisung ist komplex und bietet jede Menge Stoff zur Diskussion. Wir widmen uns daher den aktuellen Fragen rund um die jüngsten Entwicklungen in einer Dreierfolge unseres Podcasts.
Dabei gehen wir mit Ihnen gemeinsam auf Fakten- und vielleicht sogar Sinnsuche. Im besten Fall erweitern wir dabei unseren Horizont.
Michael Franke geht auf die Basics zur Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung ein und spricht mit Bettina Bredow, Head of Claims Life & Health – für Continental Europe und Israel bei der MunichRe, dem weltweit größten Rückversicherer, über die Bedenken aus der Perspektive eines Rückversicherers.
Im zweiten Teil dieser Serie spricht Michael Franke mit Fabian von Löbbecke, Vorstand HDI Lebensversicherung AG – dem Versicherer, der jetzt auf die konkrete Verweisung verzichtet.
Teil drei widmet sich der Frage, worum es in der Beratung zu Absicherung der Arbeitskraft eigentlich geht und warum gerade kleine Renten ein Problem für den Verzicht auf die konkrete Verweisung darstellen können.
Quellen:
Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz - VVG) § 172 Leistung des Versicherers (1) Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung ist der Versicherer verpflichtet, für eine nach Beginn der Versicherung eingetretene Berufsunfähigkeit die vereinbarten Leistungen zu erbringen. (2) Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann. (3) Als weitere Voraussetzung einer Leistungspflicht des Versicherers kann vereinbart werden, dass die versicherte Person auch keine andere Tätigkeit ausübt oder ausüben kann, die zu übernehmen sie auf Grund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten in der Lage ist und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/vvg_2008/__172.html (Aufruf:24.04.2024)
HDI Lebensversicherung AG „Konkrete Verweisung und abstrakte Verweisung“ […] Wichtig: HDI verzichtet auf die abstrakte und konkrete Verweisung. Dadurch ist es für Sie einfacher die Leistungen Ihrer HDI Berufsunfähigkeitsversicherung in Anspruch zu nehmen. […] Quelle: https://www.hdi.de/ratgeber/einkommensschutz/berufsunfaehigkeit/berufsunfaehigkeitsrente-antragstellung-auszahlung/ (Aufruf: 24.04.2024)
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Transkript anzeigen
00:00:00: Der HDI neuerdings
00:00:01: auf die konkrete Verweisung in seiner Berufsunfähigkeitsversicherung
00:00:05: und übertritt damit eine jahrzehntealte rote Linie.
00:00:09: Stehen wir jetzt vor einer Zeitenwende
00:00:11: in der Einkommensabsicherung?
00:00:13: Denn was nach einer bloßen Änderung eines Produktfeatures klingt,
00:00:17: hat tatsächlich erhebliche Komplexität und vielleicht sogar
00:00:21: erhebliche Konsequenzen für die Zukunft der BU.
00:00:26: Der Franke und Bornberg Podcast drei F+.
00:00:31: Herzlich willkommen!
00:00:32: Ich bin Michael Franke und begrüße Sie zu unserem Podcast drei
00:00:36: F+ dem Podcast für Versicherungen, Finanzen
00:00:39: und Nachhaltigkeit.
00:00:43: Unser heutiges Thema ist der Verzicht auf konkrete Verweisung
00:00:45: in der Berufsunfähigkeitsversicherung, kurz BU genannt.
00:00:50: Das Thema Verweisung ist ohnehin komplex
00:00:53: und bietet jede Menge Stoff zur Diskussion und um nachzudenken.
00:00:58: Wir widmen uns diesem Thema daher in einer Dreier-Folge unseres Podcast.
00:01:02: In Teil eins, also jetzt,
00:01:06: gehen wir auf die Basics ein
00:01:10: und außerdem habe ich mit Bettina Bredow
00:01:13: von der Munich Re, dem weltweit größten Rückversicherer, gesprochen.
00:01:16: Das Gespräch hören Sie gleich.
00:01:19: Das Fazit ziehe ich dann im Anschluss gemeinsam mit Katrin Bornberg.
00:01:24: In Teil zwei kommt Fabian von Löbbecke zu Wort, Vorstand der HDI Group,
00:01:30: also dem Versicherer, der jetzt auf die konkrete Verweisung verzichtet.
00:01:34: Und in Teil drei widmen wir uns dann der Frage,
00:01:37: worum es in der Beratung zur Absicherung der Arbeitskraft eigentlich geht und warum
00:01:42: gerade kleine Renten ein Problem für den Verzicht auf
00:01:45: die konkrete Verweisung darstellen können.
00:01:49: Gehen Sie also gemeinsam auf Fakten- und vielleicht sogar Sinnsuche.
00:01:53: Im besten Fall erweitern wir dabei unseren Horizont.
00:02:01: Zunächst einmal back to the roots.
00:02:04: Wozu braucht man eigentlich eine BU?
00:02:08: Das klingt jetzt ziemlich banal, aber bei der Frage Konkrete
00:02:11: Verweisung lohnt sich es, diese Frage zu stellen.
00:02:14: Das werden wir gleich gemeinsam feststellen.
00:02:18: Im Grunde könnte man abgekürzt sagen, man möchte Erwerbseinkommen absichern,
00:02:23: wenn man dauerhaft erkrankt
00:02:26: und die übliche BU, auch die mal kurz und knapp beschrieben,
00:02:30: zahlt eine Rente, wenn man mindestens 50 %
00:02:33: gesundheitsbedingt den eigenen Beruf nicht mehr ausüben kann.
00:02:36: Tatsächlich ist das ein bisschen komplexer.
00:02:38: Das wissen viele von ihnen.
00:02:40: Aber dazu gleich.
00:02:46: Vereinfacht ist
00:02:47: der Zweck also Einkommensverlust auszugleichen
00:02:50: im Krankheitsfall.
00:02:53: Und bei der konkreten Verweisung kann man jetzt die Frage stellen:
00:02:58: Geht es da eigentlich noch um Einkommensabsicherung
00:03:02: oder tatsächlich schon um was ganz anderes?
00:03:04: Und da wollen wir mal tatsächlich das Thema näher beleuchten.
00:03:10: Aber zunächst
00:03:12: ein paar Fakten dazu.
00:03:14: Zu der BU gibt es nämlich eine gesetzliche Regelung
00:03:17: seit 2008, zu finden im Paragraph 172 VVG.
00:03:25: Als weitere Voraussetzung einer Leistungspflicht des Versicherers
00:03:29: kann vereinbart werden,
00:03:31: dass die versicherte Person auch keine andere Tätigkeit
00:03:34: ausübt oder ausüben kann, die zu übernehmen
00:03:38: sie auf Grund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten in der Lage ist
00:03:43: und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.
00:03:49: Also eine ganze Menge Detailbegriffe,
00:03:53: die wir noch ein bisschen genauer beleuchten wollen.
00:03:58: Vereinfacht: Wer zu mindestens 50 % BU ist,
00:04:04: aber eine andere, irgendwie vergleichbare Tätigkeit noch ausüben kann
00:04:08: oder es sogar bereits tut, der kann verwiesen werden.
00:04:11: Frei übersetzt: Da wird dann keine Rente gezahlt.
00:04:17: Die Frage ist, was ist jetzt vergleichbar?
00:04:18: Und da kommen diese Begriffe wie Ausbildung und Fähigkeiten oder
00:04:21: die bisherige Lebensstellung zum Tragen.
00:04:26: Aber zunächst mal zu der Frage “ausüben kann”.
00:04:31: Das, was im 172, Absatz drei steht,
00:04:35: also eine theoretische Betrachtung,
00:04:39: und daher nennt man das Ganze auch abstrakte Verweisung.
00:04:42: Also man könnte eine andere Tätigkeit ausüben, aber man tut es noch nicht.
00:04:48: Das ist stark kritisiert, auch gerade vom Verbraucherschutz,
00:04:50: aber auch so umstritten, schon seit vielen, vielen Jahren.
00:04:54: Und die Frage ist: Ist das heute noch ein Thema?
00:04:56: Und da kann man sagen praktisch nicht.
00:04:59: Wir haben gerade mal aktuell 129 SBU-Tarife
00:05:04: durchgeschaut und nur noch tatsächlich
00:05:06: bei einem dieser Tarife diese abstrakte Verweisung gefunden.
00:05:09: Also ein echtes Sammlerstück.
00:05:11: Vielleicht will man das aber lieber in der Vitrine als im Versicherungsordner
00:05:14: haben.
00:05:18: Ja, also Haken dran an die abstrakte Verweisung,
00:05:20: aber nicht an die konkrete, denn dazu kommen wir jetzt noch mal im Detail.
00:05:24: Und darum geht es ja auch.
00:05:26: Also auch hier noch mal rekapituliert
00:05:30: Im zuletzt ausgeübten Beruf ging nichts mehr gesundheitlich
00:05:35: zumindestens zu mindestens 50 % nicht mehr. Und
00:05:40: man übt aber doch
00:05:42: einen anderen oder irgendwie veränderten Job noch aus.
00:05:46: Also konkret.
00:05:48: Ich bin also noch nicht so krank,
00:05:50: dass ich keine Tätigkeit mehr ausüben kann, sondern
00:05:53: ich muss aber meine Tätigkeit verändern.
00:05:55: Und wenn dieser neue oder veränderte Job
00:05:58: jetzt vergleichbar ist mit dem, den man ursprünglich ausgeübt hat,
00:06:03: dann brauchen Versicherer nicht zu leisten.
00:06:05: Also konkret kann darauf verwiesen werden auf diese Tätigkeit.
00:06:09: Das war seit Jahrzehnten der Standard
00:06:12: und bis heute eigentlich, ja,
00:06:15: bis der HDI kam.
00:06:19: Die Frage ist jetzt nochmal zu dem Thema Vergleichbarkeit.
00:06:23: Das ist noch mal ein wichtiger Punkt.
00:06:24: Was ist denn eigentlich laut Bedingung und Gesetz vergleichbar?
00:06:28: Also auf welche Tätigkeiten kann man eigentlich konkret verweisen
00:06:31: und wie muss man sich das praktisch vorstellen?
00:06:34: Und in der Praxis
00:06:36: kann man einfach feststellen, dass es sich bei gesundheitlichen
00:06:39: Verschlechterungen oft um schleichende Prozesse handelt.
00:06:43: Also viele Erwerbstätige passen ihre Tätigkeit
00:06:46: im Laufe der Zeit so an, dass sie weiterarbeiten können.
00:06:49: Also sie umgehen
00:06:50: ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Veränderungen im Job.
00:06:55: Und dabei spielen übrigens auch Unternehmen ganz gerne mit.
00:06:58: Denn bekanntlich sind Fachkräfte
00:07:01: eher Mangelware.
00:07:04: Oder es kann natürlich auch sein, dass man
00:07:05: sich eine ganz andere Tätigkeit sucht, die man auch ausüben kann.
00:07:10: Und warum tut man das eigentlich?
00:07:12: Ja, ein wichtiger Grund ist wahrscheinlich oft, weil die BU-Rente
00:07:17: nicht so dimensioniert ist, dass man den Lebensstandard halten kann
00:07:22: und gesetzliche Rente bekommt man ja erst,
00:07:25: wenn man, vereinfacht gesagt, überhaupt nicht mehr arbeiten kann.
00:07:28: Und in dieser Zwischenwelt gibt es auch recht viele Fälle.
00:07:33: Wenn aber Versicherte ihre Tätigkeit so verändern, dass sie weiterarbeiten können
00:07:39: und sie
00:07:41: damit eine
00:07:41: vergleichbare Tätigkeit ausüben, die auch vom Einkommen vergleichbar ist,
00:07:46: kann man im Grunde die konkrete Verweisung auch durchaus nachvollziehen,
00:07:51: zumal Versicherte diese andere Tätigkeit ja freiwillig ausüben.
00:07:55: Der Versicherer kann sie dazu nicht zwingen.
00:07:59: Das Gesetz schützt also mit den Begriffen Ausbildung,
00:08:04: Fähigkeiten und Lebensstellung
00:08:06: vor willkürlichen Verweisungen auf irgendwelche Tätigkeiten,
00:08:10: die vielleicht eben tatsächlich auch mit weniger Einkommen
00:08:14: versehen sind.
00:08:17: So, die Lebensstellung hat eben tatsächlich zwei Dimensionen.
00:08:21: Das eine ist tatsächlich: das Einkommen muss vergleichbar sein,
00:08:25: in etwa, und zum anderen auch die soziale Stellung des neuen Berufs.
00:08:29: Die muss vergleichbar sein.
00:08:32: Schauen wir uns das mal an einem Beispiel an,
00:08:35: dann wird es vielleicht ein bisschen deutlicher.
00:08:37: Nehmen wir mal an, wir haben einen angestellten Fliesenleger,
00:08:40: der nicht mehr knien kann.
00:08:43: Wir wissen natürlich alle, dass nicht
00:08:44: so viele Fliesenleger versichert sind, weil da die BU sehr teuer ist.
00:08:48: Aber das Beispiel passt natürlich gerade bei körperlich Tätigen wunderbar.
00:08:52: Das heißt, irgendwann geht das nicht mehr so mit dem Knien.
00:08:55: Und dann sagt das Unternehmen, der Arbeitgeber vielleicht: Na ja,
00:08:59: aber Ausbilden von jüngeren Kollegen, das wäre schon toll.
00:09:02: Die Erfahrung weitergeben oder eben ausstellen, betreuen beispielsweise.
00:09:06: Der Verdienst würde mal gleichbleiben oder vielleicht sogar sich sogar verbessern.
00:09:10: Und somit scheint die Lebensstellung in sozialer
00:09:13: und wirtschaftlicher Sicht mindestens gleich zu bleiben.
00:09:16: Insofern wäre dann auch tatsächlich eine konkrete Verweisung
00:09:20: auf diese Tätigkeit möglich.
00:09:26: So eine ganze Menge Stoff.
00:09:27: Halten wir also fest: Versicherte, die den zuletzt ausgeübten
00:09:33: Beruf aus gesundheitlichen Gründen zu mindestens 50 % nicht mehr ausüben können,
00:09:40: aber freiwillig
00:09:41: einen in finanzieller und sozialer Sicht
00:09:44: vergleichbaren Beruf ausüben, bekommen keine Rente.
00:09:48: Da greift die sogenannte konkrete Verweisung.
00:09:51: Das klingt ja erst mal nachvollziehbar und angemessen,
00:09:55: denn ansonsten würde man ja zusätzlich zum vergleichbaren Verdienst
00:09:59: auch noch eine Rente obendrauf bekommen.
00:10:03: Dazu braucht man aber eigentlich keine Versicherung.
00:10:05: Es soll ja um Einkommensabsicherung gehen.
00:10:09: Jetzt gibt es in der Lebensversicherung zwar kein Bereicherungsverbot,
00:10:12: also vereinfacht gesagt, ich darf hinterher durchaus mehr haben als vorher.
00:10:16: Aber so einfach ist das Spiel halt
00:10:19: nicht, denn es gibt sogenannte Begehrlichkeiten.
00:10:23: Man nennt das auch subjektive Risiken.
00:10:26: Wie muss man sich das jetzt vorstellen?
00:10:28: Wenn man in die Leistungsstatistiken reinschaut, dann stellt man fest,
00:10:33: je besser man nach einem Leistungsanerkenntnis dastehen würde,
00:10:37: desto höher
00:10:39: ist die
00:10:41: Invalidisierungs-Wahrscheinlichkeit, also
00:10:43: die Anzahl der Leistungen, die tatsächlich gezahlt werden müssen.
00:10:48: Sehr eindrucksvoll zeigt sich das
00:10:50: bei hoher Arbeitslosigkeit oder wenn sich die Höhe der Rente
00:10:54: jetzt beispielsweise durch eine Dynamik dem Nettoeinkommen annähert.
00:11:00: Und damit steigt die Anzahl der Leistungsfälle
00:11:04: in solchen Fällen deutlich an.
00:11:06: Also diese Leistungsdefinition der BU hat eben auch
00:11:09: subjektive Komponenten und ist kein objektiver
00:11:13: Begriff.
00:11:18: Um solche Begehrlichkeiten
00:11:20: und damit eben eine Steigerung der Leistungsfälle zu vermeiden
00:11:24: und tatsächlich
00:11:24: überhaupt auch noch
00:11:25: um einen Bedarf zu decken, nämlich den, der durch den Einkommensverlust entsteht,
00:11:29: galt der Verzicht auf konkrete Verweisung bisher
00:11:33: nicht nur als anerkannt, sondern auch sogar als rote Linie.
00:11:37: Denn die BU ist sehr anfällig für subjektive Risiken
00:11:41: und ohnehin heute wohl eher knapp kalkuliert.
00:11:46: Ja, und jetzt kommt der HDI und erklärt kurzerhand,
00:11:48: auf diese konkrete Verweisung zu verzichten.
00:11:51: Und bisher hat der HDI zwar im sogenannten
00:11:56: Erstprüfungsverfahren auf die konkrete Verweisung verzichtet.
00:12:00: Das haben wir uns erlaubt, bei Frankfurt und Bornberg
00:12:03: aber nicht so ernsthaft positiv zu bewerten,
00:12:06: denn im Nachprüfungsverfahren
00:12:09: konnte man weiterhin konkret verweisen.
00:12:11: Na ja, und es gibt eben keine Frist zwischen Erst- und Nachprüfung.
00:12:15: Die konnte man also direkt von mir aus nach der Erstprüfung ansetzen,
00:12:18: die Nachprüfung.
00:12:19: Also insofern haben wir das bisher nicht so positiv herausgestellt.
00:12:23: Jetzt, mit dem Verzicht auf konkrete Verweisung
00:12:25: generell, haben wir natürlich einen echten Unterschied.
00:12:29: Die Frage ist natürlich: Warum ist jetzt möglich, was bisher
00:12:35: ganz offensichtlich HDI auch selbst so als nicht möglich angesehen hat?
00:12:41: Und dazu
00:12:42: habe ich gesprochen mit Bettina Bredow.
00:12:46: Bettina Bredow ist Head of Claims Life & Health für Kontinentaleuropa
00:12:50: und Israel bei der Munich Re, dem weltweit größten Rückversicherer.
00:12:54: Und sie erklärt uns, wo aus
00:12:57: Sicht des Rückversicherer Bedenken sind und worauf zu achten ist.
00:13:02: Hören wir rein.
00:13:09: Hallo, Frau Bredow.
00:13:11: Hallo, Herr Franke. Freut mich.
00:13:13: Ja, mich auch.
00:13:14: Erklären Sie doch bitte kurz unseren Zuhörern.
00:13:16: Was macht ein Head of Claims bei einem Rückversicherer?
00:13:20: Wir machen tatsächlich ganz viele Sachen.
00:13:23: Zum einen, das hat vielleicht auch schon mal der ein oder andere gehört,
00:13:26: entwickeln wir digitale Lösungen, um die Leistungsprüfer
00:13:30: bei der Leistungsprüfung zu unterstützen.
00:13:32: Da gibt es die Tools Clara und Clara Plus.
00:13:35: Aber vor allem ist unsere Aufgabe, Risikomanagement
00:13:39: und Marktstandards zu unterstützen.
00:13:42: Das reicht von der Unterstützung bei der Produktentwicklung,
00:13:47: wie zum Beispiel zuletzt, als die Grundfähigkeit eingeführt wird.
00:13:52: Da unterstützt unser Team dann auch wirklich
00:13:54: die ersten Schadenformulare zu erstellen, damit es da Muster gibt.
00:13:58: Oder aber eben, wie jetzt bei unserem heutigen Thema, kommen
00:14:02: dann auch natürlich die Aktuare zu uns und fragen: Was heißt das
00:14:06: konkret in der Leistungsprüfung,
00:14:08: wenn wir dieses oder jenes machen, was ist da eure Erfahrung?
00:14:11: Habt ihr da Zahlen, Daten, Fakten, die ihr mit uns teilen könnt?
00:14:15: Und wir unterstützen auch Erstversicherer bei der Leistungsprüfung.
00:14:19: Von ganz normalen Berufsunfähigkeitsfällen, Todesfällen.
00:14:23: Und wir bieten auch Schulungen an für Leistungsprüfer.
00:14:27: Okay, also auch tatsächlich praktische Hilfe im Leistungsabfall
00:14:30: und nicht nur Zahlen, Daten, Fakten.
00:14:32: Spannend.
00:14:33: Ja. Unser
00:14:34: heutiges Thema ist ja auch ein spannendes, nämlich die konkrete Verweisung.
00:14:38: Und ich bin ja auch schon ein paar Jahre dabei beim Thema BU
00:14:42: und seit Jahrzehnten war eigentlich klar
00:14:45: ein Verzicht auf eine konkrete Verweisung,
00:14:48: wenn ich das jetzt mal harmlos sage, hat man kritisch gesehen.
00:14:51: Es galt als rote Linie,
00:14:53: weil das wohl schwer kalkulierbar wäre und zusätzliche Leistungsfälle
00:14:57: bringen könnte.
00:14:58: Dennoch geht jetzt ein erster Versicherer diesen Weg.
00:15:01: Und ein zentrales Argument ist dabei, des Versicherers,
00:15:04: dass es bisher eigentlich gar nicht so viel konkrete Verweisung gegeben habe.
00:15:10: Was halten Sie von der Idee, bei der Berufsunfähigkeitsversicherung
00:15:13: auf die konkrete Verweisung zu verzichten?
00:15:16: Also tatsächlich, aus Risikomanagementsicht
00:15:19: sehe ich das eher kritisch, weil
00:15:23: zum einen ist
00:15:24: es ein wichtiges Instrument in der Leistungsprüfung
00:15:29: und es geht ja darum, ob jemand konkret einen anderen Job ausübt
00:15:33: und wir würden uns hier viel vergeben.
00:15:37: Und es ist auch was, weil wir sehen, das in der täglichen Praxis,
00:15:41: dass das relevant ist, das würde das Produkt einfach teurer machen
00:15:46: und selbst als Konsumentensicht.
00:15:48: Ich persönlich habe auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung,
00:15:52: sehe auch den Bedarf gar nicht, weil ich will ja den Fall absichern,
00:15:57: dass ich meinen Beruf nicht mehr ausüben kann.
00:16:00: Aber ich brauche ja keine Abdeckung,
00:16:02: wenn ich einen anderen Beruf ausüben kann und da das Gleiche verdiene.
00:16:06: Ja, es gibt ja, die BU gehört ja zurLebensversicherung,
00:16:09: da gibt es ja kein Bereicherungsverbot
00:16:12: im klassischen Sinne.
00:16:13: Das heißt, man könnte durchaus inklusive Rente, die man dann bekommt,
00:16:18: und zusätzlichem Einkommen ja besser da stehen als vorher.
00:16:21: Die Frage ist, wenn die Leistungsdefinition 50 % BU
00:16:25: erreicht ist, was stört dann eigentlich
00:16:28: den Versicherer, dass man hinterher mehr hat als vorher?
00:16:33: Ich glaube, den
00:16:34: Versicherer stört es per se gar nicht, dass man hinterher mehr hat als vorher.
00:16:40: Aber es ist halt eine unnötige Überversorgung an der Stelle.
00:16:44: Und das führt dazu, dass man das Kollektiv an der Stelle belastet und dadurch
00:16:49: wird halt das Berufsunfähigkeitsprodukt halt noch teurer.
00:16:54: Und es ist ja jetzt schon für gewisse Berufsgruppen schwierig,
00:16:58: eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu finanzieren.
00:17:02: Und es ist natürlich schade, wenn man sich da an der Stelle unnötig
00:17:05: ein Produkt verteuert, wo der Bedarf gar nicht da ist.
00:17:10: Gibt es da nicht auch die sogenannten subjektiven Risiken?
00:17:13: Also wenn ich hinterher mehr haben kann
00:17:15: als vorher, dass es Begehrlichkeiten weckt?
00:17:17: Ja, das ist ja immer das, was man sagt, dass wenn ich hinterher mehr bekomme
00:17:22: als vorher,
00:17:23: wo ist denn dann auch die Motivation, überhaupt was Neues zu machen?
00:17:27: Aber auch da muss man sagen am Ende, das sehe ich immer wieder
00:17:31: bei Leistungsfähigen, die auch wir auf dem Tisch haben:
00:17:34: die meisten wollen ja arbeiten und wollen auch wieder zurück in den Beruf.
00:17:38: Die Leute wollen ja gar nicht zu Hause sitzen und nichts tun, weil
00:17:42: in aller Regel will man wieder gesund werden.
00:17:47: Von daher ist es auch von der Perspektive
00:17:51: schwierig, da einen gewissen Anreiz einfach wegzunehmen.
00:17:56: Und wenn man jetzt noch mal kurz zurück zu der Sicht des Versicherers
00:18:01: hier sieht, der jetzt sagt: Wir erklären den Verzicht,
00:18:05: das ist ja im Markt, das gibt es ja schon, und
00:18:08: man hat ja den Begriff der Lebensstellung im Zusammenhang mit der Verweisung.
00:18:12: das heißt, da gibt es schon hohe Hürden an die konkrete Verweisung.
00:18:16: Bleiben da überhaupt noch Spielräume, oder hat der Versicherer eigentlich Recht,
00:18:19: dass das sowieso kaum geht, konkret zu verweisen?
00:18:22: Da bleiben relativ viele Spielräume.
00:18:25: Also es gibt zum Beispiel
00:18:26: man denkt ja immer an gewisse Berufsgruppen, wo man sagt,
00:18:29: die kann man auf gar keinen Fall konkret verweisen.
00:18:34: Das mag
00:18:35: bei der abstrakten Verweisung alles zutreffen, aber bei der konkreten
00:18:39: Verweisung gehe ich ja immer davon aus, dass derjenige muss
00:18:42: ja tatsächlich was anderes machen und den Beruf ausüben.
00:18:46: Und neben der Lebensstellung habe ich ja schon mal die allergrößte
00:18:48: Hürde, dass das Gehalt vergleichbar sein muss, das Einkommen.
00:18:53: Aber selbst wenn ich zum Beispiel eine Berufsgruppe nehme wie die Ärzte, wo man
00:18:58: sicherlich erst mal von außen betrachtet sagen wird,
00:19:00: die kann man auf gar keinen Fall konkret verweisen.
00:19:03: Aber ich kann ja auch innerhalb meines Berufsbildes konkret verweisen,
00:19:07: zum Beispiel der Chirurg, der
00:19:11: aufgrund von einem Tremor oder einer Handverletzung
00:19:13: einfach nicht mehr stundenlang operieren kann,
00:19:16: könnte aber trotzdem noch in der niedergelassenen Praxis ambulant arbeiten.
00:19:21: Oder wir hatten sogar einen Leistungsabfall von dem Anästhesisten,
00:19:25: der einen Burnout hatte in der Klinik, wo das nachweisbar war,
00:19:29: dass er den Schichtdienst und den Druck in der Klinik nicht machen kann.
00:19:32: Der hat noch mal eine Facharztausbildung zum Allgemeinmediziner gemacht
00:19:36: und hat sich in der Praxis niedergelassen mit gleichem Gehalt.
00:19:40: Und da ist die Lebensstellung auch durchaus vergleichbar.
00:19:45: Es gibt aber auch so Tätigkeiten wie im Außendienst.
00:19:48: Es kommt auch mal schnell vor, dass man keiner Reisetätigkeit mehr nachgehen kann.
00:19:53: Allein wenn ich jetzt an Versicherungen denke: Bei
00:19:56: wie vielen Tätigkeiten ist der Außendienst mit notwendig?
00:20:00: Selbst in meinem Büro
00:20:01: Job wäre es so wenn ich jetzt nicht mehr reisen könnte,
00:20:05: dann könnte ich den Job so nicht mehr ausüben.
00:20:07: Aber ich finde definitiv einen anderen Job innerhalb meines Unternehmens,
00:20:11: wo ich nicht reisen muss, aber noch arbeiten könnte.
00:20:15: Das würde alles wegfallen.
00:20:18: Oder eben auch bei den Berufsklassen,
00:20:21: die ohnehin schon ein bisschen teurer sind bei den Handwerkern.
00:20:25: Da gab es zum Beispiel
00:20:26: einen Fall von einem Maurer, der nicht mehr auf der Baustelle arbeiten konnte.
00:20:30: Der hat dann bei gleichem Gehalt in die Auftragslogistik
00:20:34: innerhalb seines Unternehmens gewechselt.
00:20:38: Da ist die Lebensstellung gewahrt
00:20:40: und die Vergleichbarkeit des Einkommens ist auch da.
00:20:43: Aber das sind so Berufskonstellationen, wo auch praktische Erfahrungen existieren,
00:20:47: dass man im Grunde in Standardfall konkret
00:20:50: verweisen könnte, was ja irgendwie auch angemessen scheint,
00:20:55: weil ein Bedarf an Absicherung ja gar nicht da ist.
00:20:59: Und jetzt, welche Rolle spielt der Fachkräftemangel?
00:21:03: Spielt er eine Rolle?
00:21:04: Sind Unternehmen da besonders flexibel?
00:21:09: Also es ist es ist ja schon so, das sieht man ja auch immer stärker,
00:21:14: dass wir nicht mehr
00:21:17: in unseren Jobs bis zur Rente
00:21:20: so fest verankert sind, wie das vielleicht in den vergangenen Jahren war.
00:21:25: Also es ist auch jetzt schon
00:21:26: unabhängig von gegebenen gesundheitlichen Einschränkungen
00:21:31: völlig normal, dass man alle zwei,
00:21:33: drei Jahre seinen Job wechselt oder vielleicht ganz und gar auch
00:21:36: nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch gleich die ganze Branche.
00:21:40: Das heißt, wir haben insgesamt aufgrund der aktuellen Arbeitsmarktsituation
00:21:45: viel mehr Wechsel und Fluktuation als wir es
00:21:48: die letzten 10, 20 Jahre hatten.
00:21:51: Und auch das hat eine große Auswirkung.
00:21:54: Und Arbeitgeber sind natürlich noch viel mehr daran interessiert,
00:21:58: wenn zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen
00:22:01: der Beruf genauso nicht ausgeübt werden kann,
00:22:04: wie er gerade momentan ausgeübt
00:22:05: wird, gegebenenfalls den Arbeitsplatz umzustrukturieren,
00:22:09: dass man den Mitarbeiter und seine Know-how aber behält. Ja.
00:22:13: Das scheint ja auch glaube ich nachvollziehbar,
00:22:17: wenn man selbst einen Betrieb hat.
00:22:19: Da kennt man das Thema natürlich,
00:22:22: dass man sehr viel Bereitschaft entwickelt, auch Menschen
00:22:25: mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch weiterhin eine Perspektive zu bieten.
00:22:29: Das heißt,
00:22:29: die genannten Beispiele, die Sie aufgeführt haben,
00:22:32: würden ja letztlich dazu führen, wenn ich auf die konkrete Verweisung verzichte,
00:22:35: dass ich mehr Leistungsfälle habe als vorher
00:22:38: und das ist, liegt auch auf der Hand, ,also
00:22:41: es wird ja vor allen Dingen ein Aspekt sein, der das Produkt verteuern könnte.
00:22:44: Richtig? Richtig.
00:22:46: Und vielleicht noch mal, um ein etwas anderes Szenario mit ins Spiel zu bringen
00:22:54: vor vielen Jahren.
00:22:57: Ich glaube schon eine ganze Weile her.
00:22:58: Ich kann mich noch daran erinnern, als das durch den Markt ging.
00:23:01: Hatten mal mit einem vergleichbaren Produkt
00:23:03: die Versicherer auf dem australischen Markt Schwierigkeiten.
00:23:07: Dabei spielten Anwälte wohl eine Rolle.
00:23:10: Können Sie das näher erläutern?
00:23:12: Und könnte so ein Szenario auch bei uns eintreten?
00:23:14: In Australien war es ja tatsächlich so, dass sich
00:23:18: die Versorgung der Anwälte geändert hatte.
00:23:21: In Deutschland ist es ja aktuell so, derjenige, der den Anwalt beauftragt,
00:23:25: bezahlt den Anwalt erst mal und dann im Rahmen von einem Gerichtsverfahren.
00:23:29: Wenn man dann gewinnt, muss dann gegebenenfalls die andere
00:23:32: Partei auch die kompletten Gerichts- und Anwaltskosten tragen.
00:23:36: In Australien die hatten genau dasselbe
00:23:40: Versorgungsmodell,
00:23:42: das haben die geändert, ähnlich wie das in den USA ist.
00:23:45: Man zahlt den Anwalt nur dann, wenn man mit dem, was auch immer man,
00:23:51: was man
00:23:51: vorhat vor Gericht oder wie man auch verklagen möchte,
00:23:54: dass man nur dann den Anwalt zahlt, wenn man auch Erfolg hat.
00:23:59: Und das hat dann natürlich dazu geführt, dass die Anwälte ganz gezielt
00:24:04: auf die Suche gegangen sind nach Möglichkeiten, Geld zu verdienen.
00:24:09: Und da hat sich die Versicherung
00:24:13: offensichtlich als ein beliebtes Betätigungsfeld
00:24:17: dargestellt.
00:24:18: Und man muss auch noch dazu sagen die Produkte in Australien sind
00:24:23: super komplex, da schließt man ein Lebensversicherungsprodukt ab,
00:24:27: wo von der Rente über Todesfall, Absicherung, BU alles drin ist.
00:24:32: Und da hat man auch mit den Bedingungen nicht alles so ganz korrekt geregelt.
00:24:36: Also das hat auf jeden Fall zu sehr hohen
00:24:39: Leistungsanträgen geführt.
00:24:41: Das heißt, es gibt immer
00:24:44: also latente Fälle, möglicherweise,
00:24:47: wenn jemand als Berater nur genügend motiviert ist, die aufzuspüren,
00:24:52: dann könnte man es den Versicherern etwas schwerer machen, das Leben
00:24:56: bzw vielleicht den ein oder anderen Leistungsabfall dann doch durchbringen,
00:25:00: wo aktuell eigentlich keiner auf die Idee käme, einen Antrag zu stellen. Ja.
00:25:04: Also es ist das beste Beispiel ist ja wirklich, weil wir sagen,
00:25:08: wir sehen das ja auch bei der konkreten Verweisung,
00:25:11: dass das in der Leistungsprüfung vor allem ein Thema ist in der Nachprüfung
00:25:15: und gar nicht so stark in der Erstprüfung.
00:25:19: Aber das liegt sicherlich auch daran, dass man nur dann einen Antrag
00:25:23: auf Berufsunfähigkeit stellt, wenn der Bedarf da ist.
00:25:28: Sprich: ich kann meinen Job jetzt aktuell nicht ausüben
00:25:32: und möchte im Prinzip von der Versicherung
00:25:36: den Zeitraum, wo ich kein Gehalt beziehe, abgesichert haben.
00:25:39: Und in dem Moment, wo ich aber gegebenenfalls leistungsbedingt
00:25:44: einfach einen anderen Job gesucht habe oder intern
00:25:49: mich auf eine andere Stelle habe versetzen lassen,
00:25:51: die ich dann mit den Beschränkungen noch ausüben kann,
00:25:54: habe ich ja den Bedarf nicht, weil ich bekomme weiterhin ein Gehalt.
00:25:57: Das ist vergleichbar.
00:25:59: Das heißt, ich stelle erst gar nicht den Antrag auf Berufsunfähigkeitsversicherung.
00:26:04: Wenn ich jetzt natürlich aber bewusst
00:26:05: auf die konkrete Verweisung verzichte und das auch entsprechend
00:26:10: transparent mache und bewerbe
00:26:12: und mich der Berater darauf hinweist.
00:26:16: Ja, natürlich
00:26:17: würde ich dann trotzdem den Antrag stellen und dann gegebenenfalls weiterhin
00:26:21: mein Gehalt beziehen plus noch Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung.
00:26:26: Das heißt, wir können ja Leistungsfälle auch
00:26:30: generieren, die aktuell tatsächlich gar nicht da sind.
00:26:34: Haben Sie
00:26:35: konkrete Zahlen oder zumindest eine Indikation?
00:26:39: Was steckt da an Verteuerungsrisiko drin?
00:26:41: Kann man das greifen?
00:26:43: Das ist total schwer greifbar,
00:26:46: weil wir schauen ja immer auf die Vergangenheit.
00:26:50: Das heißt,
00:26:51: wenn wir jetzt auf die Leistungsfälle schauen und auch auf den Anteil
00:26:54: der Leistungsfälle, wo ich entweder an der Erstprüfung
00:26:57: oder einer Nachprüfung Leistungen aufgrund der konkreten
00:27:01: Verweisung einstelle, betrachte ich immer die Vergangenheit.
00:27:04: Und da habe ich eben genau die Fälle, die jetzt potenziell
00:27:09: noch zusätzlich kommen können.
00:27:10: Sehe ich einfach nicht, weil wir aktuell die konkrete Verweisung noch haben.
00:27:18: Außerdem hat sich doch zusätzlich auch so ein bisschen,
00:27:23: ich sage mal die Zielgruppe der BU ein bisschen geändert.
00:27:25: Also wir hatten ja auch noch vor zehn Jahren
00:27:28: eine deutlich stärkere Spreizung auch in den Berufsklassen.
00:27:33: Was wir halt aktuell auch beobachten ist, dass die ganzen handwerklichen Berufe
00:27:39: ja auch deutlich teurer sind als jetzt ,ich sage mal, die akademischen Berufe.
00:27:44: Das heißt, auch hier findet eine Verschiebung statt,
00:27:48: die dann auch berücksichtigt werden muss.
00:27:50: Und aktuell haben wir ja auch die neue Zielgruppe der Schüler und Studenten, ja,
00:27:55: die wir auch noch nicht in den Zahlen sehen.
00:27:58: Das heißt, es ist schon, man kann sicherlich Abschätzungen machen
00:28:03: und wenn man das alles berücksichtigt, sehen wir
00:28:06: schon auch, dass es sehr teuer werden kann.
00:28:09: Aber wie immer ist es natürlich auch so ein bisschen Kristallkugel.
00:28:12: Aber spricht aufgrund der Entwicklung jetzt auch im Preiswettbewerb,
00:28:16: und Sie sprachen ja auch neue Zielgruppen an und der steigenden Bedeutung
00:28:20: der Psyche bei den Leistungsfällen, doch einiges dafür,
00:28:23: dass man vielleicht eher vorsichtiger agiert als jetzt zu sagen, man
00:28:29: nimmt alles raus, wo es bisher vielleicht nicht
00:28:31: zu so vielen Leistungsfällen gekommen ist.
00:28:34: Also insbesondere, wenn wir die Zielgruppe der Schüler und Studenten
00:28:37: anschauen, die sich oder auch die ganzen Ausbildungsberufe,
00:28:41: da ist ja überhaupt gar nicht absehbar,
00:28:44: in welcher Berufsklasse sie potenziell mal zukünftig landen.
00:28:48: Was ist der Beruf, den sie dann am Ende auch ergreifen?
00:28:51: Wir sehen ja auch bei den Studenten
00:28:54: durchaus auch viele Studienabbrecher, die dann eine Ausbildung anfangen
00:28:58: und das müsste man dann alles einkalkulieren, dass der Student zum
00:29:02: Beispiel nicht am Ende in der Berufsklasse eins landet, sondern in einer anderen.
00:29:07: Das heißt, gerade die Zielgruppe, die wir ja aktuell aktiv ansprechen
00:29:12: wollen, die muss auf jeden Fall deutlich teurer werden.
00:29:16: Ja, wir sind ja schon mitten in einem
00:29:19: spannenden Thema, zu dem wir uns tatsächlich auch noch mal separat
00:29:23: dem widmen wollen, nämlich genau dieser jungen Zielgruppe,
00:29:25: die ja sehr boomt und sehr beliebt ist offenbar bei den Vermittlern.
00:29:30: Für heute zum Thema konkrete Verweisung habe ich den Eindruck,
00:29:33: wir haben die wichtigsten Punkte, glaube ich, genannt.
00:29:36: Sie haben recht gut hinterlegt, warum Sie da eher skeptisch sind oder
00:29:41: zur Vorsicht raten.
00:29:44: Und ja,
00:29:47: gibt es eine Botschaft noch, die Sie dazu übermitteln wollen?
00:29:52: Ich glaube das Wichtige ist eher, dass man sich wirklich überlegt: Wofür ist
00:29:56: denn die Berufsunfähigkeitsversicherung eigentlich gedacht?
00:30:00: Und natürlich kann man immer versuchen,
00:30:02: auch das Maximum aus so einer Versicherung rauszuholen.
00:30:06: Aber wenn wir halt jetzt auch noch auf die konkrete Verweisung verzichten,
00:30:12: dann ist es eigentlich
00:30:13: keine Berufsunfähigkeitsversicherung mehr, sondern ich habe eine
00:30:18: konkrete Arbeitsplatzversicherung und das war glaube ich nie gewollt.
00:30:23: Und ich sehe auch wirklich rein aus Konsumentensicht.
00:30:28: Ich verstehe auch, dass man als Vermittlersicht
00:30:30: für den Kunden immer das möglichst beste Produkt anbieten möchte.
00:30:35: Aber wo ist denn da der Bedarf beim Versicherten,
00:30:40: dass ich
00:30:40: trotzdem Leistung kriege, obwohl ich ganz konkret einen anderen Job
00:30:45: ausübe mit vergleichbarem Gehalt und vergleichbarer Lebensstellung?
00:30:50: Also für mich persönlich ist es auch so ein bisschen unnötig.
00:30:56: Ja, also der Versicherungsgedanke ist ja ein anderer gewesen
00:30:59: und der scheint hier tatsächlich überschritten zu sein.
00:31:02: Frau Bredow,
00:31:03: ich bedanke mich sehr für dieses
00:31:05: spannende Gespräch und ich glaube, da waren eine ganze Menge Punkte
00:31:08: dabei, die für unsere Zuhörer auch spannend sind.
00:31:11: Vielen Dank!
00:31:12: Sehr gerne.
00:31:18: Das waren jetzt viele Informationen und vielleicht war es ja auch spannend,
00:31:22: einmal eine andere Sicht, nämlich die Sicht der Rückversicherer zu kennen.
00:31:27: Ich habe noch einen redaktionellen Hinweis.
00:31:29: Frau Bredow sprach im Zusammenhang mit dem Australienthema
00:31:32: von der Anwaltsversorgung.
00:31:34: Gemeint war hier die Anwaltsvergütung, denn man hat in Australien umgestellt
00:31:39: bei den Anwälten auf eine erfolgsabhängige Vergütung in dieser Zeit.
00:31:43: Ja und da wollte man Erfolg haben und anscheinend hat man den darin gesehen
00:31:47: Versicherer zu verklagen.
00:31:49: Anscheinend hat das geklappt zulasten der Versicherer.
00:31:52: Wahrscheinlich war das Kleingedruckte nicht so gut.
00:31:55: Aber jetzt zu
00:31:55: unserem Fazit, das ich gemeinsam mit Katrin Bornberg ziehe.
00:31:59: Hallo Katrin. Hallo Michael.
00:32:02: Katrin, Du hast auch mit Rückversicherern gesprochen.
00:32:04: Wie war denn dein Eindruck?
00:32:06: Ja Michael, das kannst du dir wahrscheinlich denken.
00:32:08: Die Töne hinter den Kulissen, das waren andere Töne, die waren deutlich schärfer.
00:32:13: Die Rückversicherer haben Bedenken,
00:32:15: die äußern sie auch, solange die Mikros nicht an sind.
00:32:18: Sie haben Bedenken wegen der Kalkulation, ob das ausgeht
00:32:21: und natürlich auch, wie sich die Leistungsfälle häufen.
00:32:25: Und warum denkst du wird dann diese Kritik nicht auch laut geäußert?
00:32:30: Also ich denke, die Rückversicherer würden diese Entwicklung schon gern
00:32:32: stoppen wollen.
00:32:34: Allerdings fehlt die Idee: Wie kann der Stopp erfolgen?
00:32:38: Die Erstversicherer wünschen sich hier einen Verzicht auf die konkrete Verweisung
00:32:43: erklären zu können,
00:32:44: weil aus dem Vertrieb Druck kommt und eine wilde Fahrt entstanden ist.
00:32:48: Und da möchte man
00:32:49: einfach dann doch Teil sein, wenn man schon die Entwicklung nicht stoppen kann.
00:32:53: Also eine wilde Fahrt könnte das tatsächlich werden.
00:32:56: Aber zunächst mal halten wir fest,
00:32:59: dass gerade niedrige Renten bei gleichzeitig
00:33:02: vorhandenem Restarbeitsvermögen so manchen Leistungsantrag aktuell verhindern.
00:33:07: Das hat eine gewisse Logik,
00:33:09: denn Versicherte versuchen ja gerade deshalb weiter beruflich tätig zu sein,
00:33:13: weil sie von der Höhe der Rente eben nicht leben können.
00:33:18: Ja, ich muss mich also entscheiden.
00:33:19: Vereinfacht gesagt: beziehe ich die Rente oder arbeite ich weiter?
00:33:24: Und jetzt kann ich auch entscheiden:
00:33:28: will ich weiterarbeiten und die Rente obendrauf kriegen?
00:33:31: Und da kann auch eine kleine Rente ein attraktives Zubrot sein.
00:33:35: Diesen Schutzwall, den man vorher hatte,
00:33:38: der existiert jetzt für Versicherer wie HDI nicht mehr.
00:33:43: Richtig?
00:33:44: Das sehe ich genauso.
00:33:46: Aus meiner Sicht haben wir eine ganz große Dimension an latenten Berufsunfähigkeit,
00:33:51: die bisher ihre Rente nicht gemeldet haben,
00:33:54: weil das die Rente zu klein war und sich der Antrag aus ihrer
00:33:57: Sicht nicht gelohnt hat.
00:34:00: Diese könnten jetzt den Antrag stellen
00:34:02: und eben die Berufsunfähigkeitsrente zusätzlich zum Einkommen erhalten.
00:34:07: Ich würde jetzt aber doch noch mal einen Schritt zurückgehen
00:34:09: und würde mal so in die Vergangenheit gucken.
00:34:11: Michael Wir sind ja schon ein bisschen im Geschäft
00:34:14: und vor vielen Jahren gab es noch die abstrakte Verweisung.
00:34:18: Der Verzicht war damals auch so ein Tabuthema und auch hier
00:34:21: haben die Versicherer erklärt: So oft wird die abstrakte
00:34:25: Verweisung nicht erklärt und man könnte einfach darauf verzichten.
00:34:30: Das Ergebnis kennen wir alle.
00:34:31: Die Produkte haben sich verteuert.
00:34:33: Und diese Verteuerung der Produkte, die wurde ganz einfach dadurch aufgefangen,
00:34:38: dass man eine große Spreizung der Berufsgruppen vorgenommen hat,
00:34:42: sodass man heute Berufsgruppen hat.
00:34:44: Für die ist die Berufsunfähigkeitsversicherung
00:34:46: einfach nicht mehr attraktiv.
00:34:48: Diese Berufsgruppen bekommen einfach auch
00:34:50: keine Berufsunfähigkeitsversicherung mehr, weil sie sich nicht mehr leisten können.
00:34:54: Und ich denke, das ist eine Tendenz, die war nicht so toll
00:34:58: und die hat dem Produkt auch eigentlich nicht gut getan.
00:35:01: Also wir haben bekanntlich
00:35:02: dann die Verteuerungen gerade für die Berufsgruppen bekommen,
00:35:06: die den Schutz am dringendsten brauchen.
00:35:08: Jetzt ist das Pulver ja bei dem Thema Berufsgruppendifferenzierung
00:35:12: wahrscheinlich verschossen.
00:35:13: Oder wird das jetzt noch weitere Spreizung geben?
00:35:16: Oder was könnte sonst für Ideen geben, wenn man sich verkalkuliert hat, doch noch
00:35:20: was zu retten?
00:35:23: Ja, ich
00:35:23: denke, zum einen müssten wir tatsächlich
00:35:26: damit rechnen, dass die Leistungsprüfung noch länger dauert.
00:35:29: Aber auch in der Risikoprüfung.
00:35:31: Wir haben heute die Situation schon,
00:35:34: dass in der Prüfung bei bestimmten Vorerkrankungen
00:35:37: Produktklauseln ausgeklauselt werden, also eine Klausel der Klausel
00:35:42: und dass wir zum Beispiel bei bestimmten Vorerkrankungen
00:35:45: keine Nachversicherungsgarantien mehr greifen oder eben auch die Klausel
00:35:49: Arbeitsunfähigkeit nicht mehr gilt, das heißt, sie
00:35:53: ist dann vom Produktportfolio ausgeschlossen.
00:35:57: Ja, das klingt sehr spannend, wenn vielleicht auch nicht ganz schön
00:35:59: das Szenario, denn das macht die Sache alles nicht einfacher, sondern noch viel
00:36:03: komplexer und irgendwie hintenrum.
00:36:08: Was wir festhalten können: Es wird teurer.
00:36:11: Ich glaube, da kann man gar nicht dran zweifeln,
00:36:12: weil es werden mehr Leistungsfälle tatsächlich auch
00:36:16: geben, allein dadurch, dass mehr beantragt wird.
00:36:19: Dafür wird schon die Aufklärung sorgen, die im Zweifel der Makler unternimmt.
00:36:23: Die Frage ist:
00:36:24: ist das dann im Neugeschäft auch eingepreist?
00:36:28: Bei neuen Produkten?
00:36:29: Und na ja, ich glaube, das kennen wir alle.
00:36:32: Im Kampf um Neugeschäft geht man mit dem Preis eher nicht nach oben.
00:36:36: Und daraus könnte jetzt die Frage entstehen:
00:36:40: Was passiert dann, wenn die Rechnung nicht aufgeht?
00:36:43: Ich denke, die Rechnung kann gar nicht aufgehen, weil der Makler, und da
00:36:48: springen auf den Zug ja auch wieder Rechtsanwälte auf,
00:36:52: der Makler soll natürlich nur die Produkte verkaufen,
00:36:55: wo der Verzicht auf konkrete Verweisung erklärt wird.
00:36:58: Über allem schwebt immer das Damoklesschwert Maklerhaftung.
00:37:03: Ja, das Thema Maklerhaftung vielleicht gleich noch dazu.
00:37:06: Aber zunächst einmal, zu der Haftung gehört
00:37:09: ja auch Aufklärung, die man vielleicht vorher machen sollte.
00:37:12: Und wenn jetzt die Kalkulation nicht aufgeht,
00:37:15: weil man das nicht eingepreist hat, was kann dann passieren?
00:37:19: Na ja, es kommt Druck auf die Überschüsse.
00:37:22: Und was heißt das?
00:37:24: Das heißt Überschüsse sinken und dadurch kann der Zahlbeitrag
00:37:29: oder wird der Zahlbeitrag steigen im Zweifel bis zum Bruttobeitrag.
00:37:34: Und das Szenario hatten wir ja schon 2010 angekündigt.
00:37:37: In den letzten Jahren
00:37:38: hatten wir ja einige spektakuläre Fälle, dass Bestandskunden mehr zahlen mussten.
00:37:41: Kein schönes Thema, auch für die Vermittler
00:37:44: nicht, die dann Kunden aufsuchen dürfen oder Beschwerden bekommen.
00:37:48: Also im Minimum sollte man wohl auf dieses Risiko hinweisen.
00:37:54: Zu der Beraterhaftung
00:37:55: wollen wir gerade im dritten Teil
00:37:58: unseres Podcast zum Thema Konkrete Verweisung noch mal eingehen,
00:38:02: denn da muss man sich entscheiden, mal so als Preview vielleicht
00:38:05: oder gespoilert die Idee,
00:38:08: ist denn eine Haftung nur aus der Produktsicht
00:38:11: denkbar oder gibt es auch eine Versorgungssicht?
00:38:14: Und da kommen wir wieder zu der Frage, ob eine kleine Rente und da sind Renten
00:38:18: bis 1.000 € ja üblich, ob das denn die richtige Beratung ist
00:38:22: und ob es dann mit dem bestmöglichen Produkt wirklich getan ist.
00:38:28: Sie anschauen, da gibt es ein paar Aspekte obendrauf.
00:38:30: Add on Also einfach zu sagen, nimm einfach das Produkt mit Verzicht auf konkrete
00:38:35: Verweisung wird im Zweifel nicht vor
00:38:38: Beraterhaftung schützen.
00:38:41: Für heute vielen Dank fürs Zuhören.
00:38:44: Ich hoffe, wir haben alle gemeinsam die Gelegenheit gehabt,
00:38:47: den Horizont zu erweitern.
00:38:50: Wenn Sie Fragen haben, schreiben Sie uns gerne unter dreifplus@franke-bornberg.de.
00:38:56: Die Emailadresse ist auch in den Shownotes zu diesem Podcast.
00:39:00: Wir freuen uns, wenn Sie in Kürze beim zweiten Teil dabei sind.
00:39:03: Da kommt Fabian von Löbbecke zu Wort, Vorstand HDI, der seinen Ansatz
00:39:08: und die konkrete Verweisung verteidigen möchte.
00:39:12: Bis dahin
00:39:13: bleiben Sie kritisch, aber positiv.
00:39:16: Ihr Michael Franke.
00:39:18: Ihre Katrin Bornberg.
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